In diesem zdi-Heldinnen-Portrait stellen wir Ida Hülsbusch vor. Sie ist 27 Jahre alt und studiert Physik mit dem Schwerpunkt experimentelle Plasma-Physik an der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Ihr Wissensdurst war schon immer groß: „Ich liebe es, zu lernen. Das war schon immer so”, erzählt sie. Schon in der Schule hatte sie Interesse an allen Fächern, insbesondere aber an den MINT-Fächern. Dabei kommt sie auch zum ersten Mal mit zdi.NRW in Kontakt. Eine Verbindung, die bis heute besteht.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm – so heißt es. Und so ist es auch in Ida Hülsbuschs Familie, in der die Begeisterung für Naturwissenschaften Tradition hat. Ihre Großmutter hat Physik studiert und ihre Eltern Ingenieurwissenschaften. Außerdem ist die Mutter Physiklehrerin am Burggymnasium in Essen. Damit hatte Ida die besten Voraussetzungen und familiäre Vorbilder für einen Start in eine MINT-Laufbahn. Sie ist jedoch überzeugt, dass viel mehr Schüler:innen Freude an einem MINT-Studiengang oder Beruf haben könnten.
Im Gespräch mit uns teilte Ida ihre Ansichten und Erlebnisse als Frau im MINT-Bereich sowie ihre Überlegungen dazu, wie man mehr Mädchen für MINT begeistern kann.
Reform schulischer Lehrmethoden und Überwindung traditioneller Geschlechterrollen
Das Schubladendenken ist bedauerlicherweise an vielen Schulen nach wie vor verbreitet, findet Ida. Traditionelle geschlechterspezifische Vorurteile prägen noch immer das Denken vieler Lehrkräfte und Schüler:innen.
Ida hat außerdem den Eindruck, dass Mädchen im Unterricht oft von Jungen dominiert werden. Deshalb kann sie sich vorstellen, dass es helfen könnte, den Unterricht in der Schule monogeschlechtlich durchzuführen. Gleichzeitig sollten aber auch gemischte Arbeitsgruppen gebildet werden.
Außerdem hat Ida die Erfahrung gemacht, dass die Wahl eines Unterrichtsfaches häufig nicht vom Inhalt, sondern von den Lehrkräften abhängt. Ihren Physik-Leistungskurs leitete eine junge Lehrerin, die durch ihre moderne Einstellung ein Vorbild für die gesamte Lerngruppe war – sowohl für Mädchen als auch für Jungen. Für Ida war es erfrischend und motivierend, eine weibliche Lehrkraft im traditionell männlich dominierten MINT-Bereich zu haben.
Lernen und Probieren ohne Leistungsdruck
Die Studentin ist überzeugt, dass Schülerinnen am besten erreicht werden können, wenn sie in außerschulischen Aktivitäten ohne den Druck durch Bewertungen experimentieren können. Auf diese Weise können sie ihre Interessen und Fähigkeiten entdecken. Denn nur für das, was sie kennen, können sie sich auch begeistern, meint Ida.
Ida engagiert sich neben dem Studium auch selbst für die Nachwuchsförderung. An der Ruhr-Universität Bochum (RUB) organisiert sie als studentische Hilfskraft im Bereich Research Department Plasmas with Complex Interactions Workshops und Projektwochen an außerschulischen Lernorten für Schüler:innen. Dabei bemüht sie sich, ihnen das Forschungsfeld der Plasmaphysik näherzubringen und ihr Interesse für ein Physikstudium zu wecken. Ein wichtiger Kooperationspartner dabei ist das zdi-Netzwerk MINT.Bochum.
Die von Ida organisierten Projektwochen an außerschulischen Lernorten sind sehr beliebt und schnell ausgebucht. Sie glaubt jedoch, dass damit vor allem Schülerinnen erreicht werden, die bereits ein Interesse an MINT-Fächern haben. Deshalb, so ihr Wunsch, sollten solche Angebote ebenfalls während der Schulzeit an den Schulen selbst und von externen (auch weiblichen) MINT-Vertreter:innen durchgeführt werden. So könnten sich auch Schülerinnen, die bisher kaum Berührungspunkte mit MINT hatten, für etwas Neues begeistern.
Ida selbst belegte in der Oberstufe eine Roboter-AG und nahm an verschiedenen Wettbewerben teil. Dabei entdeckte sie erstmals, wie viel Spaß es macht, Dinge auszuprobieren – eine grundlegende Voraussetzung für die wissenschaftliche Forschung.
zdi-Guru
Schon zu Schulzeiten auf dem Burggymnasium in Essen kommt Ida Hülsbusch mit zdi.NRW in Kontakt. Ihre Mutter leitet dort die Roboter-AG. Die Roboter-AG des Burggymnasiums beteiligt sich bereits seit 2017 am zdi-Roboterwettbewerb und Ida hat die Teams als Coach unterstützt. Bis heute engagiert sie sich in der Roboter-AG des Burggymnasiums. Sie leitet Programmierkurse, hilft bei der Vorbereitung auf verschiedene Wettbewerbe und unterstützt die Lehrkräfte bei der Betreuung. Und seit 2023 ist sie zudem Jurymitglied beim zdi-Roboterwettbewerb.
Gesellschaftliches Umdenken: MINT-Forschung ist nicht elitär!
In ihrem Umfeld stößt Ida Hülsbusch oft auf Erstaunen, wenn sie von ihrem Studienfach erzählt. Die meisten glauben, dass Physik sehr schwer sei. Außerdem fügen sie dann mit bewunderndem Unterton hinzu „…und Du als Frau!“. Solche Bemerkungen machen Ida oft sprachlos und zeigen ihr: Das Schulsystem und die Gesellschaft müssen jungen Menschen viel deutlicher vermitteln, dass Forschung keine elitäre Angelegenheit ist. Jede und jeder mit Interesse kann forschen und sollte dazu ermuntert werden.
MINT-Berufe: kreativ und weiblich
Der Studienschwerpunkt experimentelle Plasmaphysik ist interdisziplinär. Das gefällt der angehenden Physikerin besonders gut. Die Plasmaphysik bietet viele Anwendungsbereiche, wie z.B. Energiegewinnung durch Energiefusion, Umwelttechnik oder in medizinischen Anwendungen. Im fächerübergreifenden Forschungsbereich werden zudem auch chemische oder elektrotechnische Kenntnisse gebraucht. „So schaue ich über den Tellerrand und bilde mich nicht einseitig“, stellt die Studentin fest. Auch ihren kreativen Neigungen kann sie dabei nachgehen.
Dennoch erfordert Forschung auch Geduld und Struktur, beides Eigenschaften, die häufig von Frauen frühzeitig erlernt und im Studium eingebracht werden können.
Sichtbarkeit von Naturwissenschaftlerinnen erhöhen
Frauen sind im MINT-Bereich häufig weniger sichtbar als Männer und werden von der Öffentlichkeit nicht in gleichem Maße wahrgenommen wie ihre männlichen Kollegen. Auch im Studiengang Physik sind weibliche Forscherinnen noch in der Minderheit und viele männliche Kollegen sind noch „old school“ in ihrem Denken und Handeln. Aber junge Professorinnen rücken nach. Das macht auch Ida Mut.
Im Rahmen des zdi-Heldinnen-Oktobers widmen wir den „übersehenen” Frauen in der Wissenschaft einen eigenen Beitrag. Man spricht hier vom „Mathilda-Effekt”. Der Beitrag erscheint am 22. Oktober hier auf dem zdi-Portal!
Offen und neugierig bleiben
Idas Zukunftsplanung: Zunächst möchte sie an der Universität bleiben. Derzeit absolviert sie ihren Bachelor und strebt danach den Master im Fach Plasmaphysik an der RUB an. Eine Promotion in diesem Bereich sei eine naheliegende Möglichkeit, „… das hängt jedoch auch davon ab, wie ich mich im Master schlage und welche Stellen dann ausgeschrieben werden“, erklärt Ida Hülsbusch. Doch sie ist sich bewusst, dass sich das noch ändern kann, da sie weiterhin neugierig ist und für vieles offen bleibt.