In der zdi-Community wollen wir alle Talente erreichen – auch die, die häufig leicht übersehen werden: „Easy-to-ignore-Gruppen“ im Kontext von zdi-NRW sind Kinder und Jugendliche, deren Potenziale z. B. durch Sprachbarrieren, Bildungsbiografien oder stereotype Zuschreibungen unsichtbar bleiben. Studien zeigen: Um diese Gruppen für MINT zu gewinnen, braucht es gezielte Veränderungen – in Haltung, Sprache und Struktur. Im folgenden Beitrag haben wir für Euch die Erkenntnisse aktueller Studien, gesammelt und ausgewertet vom Forschungsprojekt MesH_MINT, zusammengefasst. Daraus ergeben sich Handlungsempfehlungen, die Eure MINT-Angebote für Easy-to-ignore-Gruppen öffnen können.
1. Zugehörigkeit stärken – für mehr Motivation und Teilhabe
Ein starkes „Sense of Belonging” – also das Gefühl, dazuzugehören – ist zentral für Motivation, Leistung und langfristige Beteiligung im MINT-Bereich.
Konkret heißt das:
- Vermeidet stereotype Raumgestaltung: 
Klassenzimmer mit Sci-Fi-Postern und Elektro-Teile senken das Zugehörigkeitsgefühl – vor allem bei Mädchen. Neutral gestaltete Räume (Pflanzen, Kunstdrucke) wirken dagegen inklusiv. - Stärkt soziale und akademische Zugehörigkeit: 
Sprecht offen über Kompetenzen und fördert das Nachdenken über eigene Stärken in der Gruppe. - Betont den gesellschaftlichen Nutzen von MINT: 
Nicht nur Mädchen interessieren sich heutzutage besonders für Berufe mit sozialer und gesellschaftlicher Bedeutung. - Nutzt Selbst-Affirmation und normalisiert Zweifel: 
Kurze Schreibaufgaben über persönliche Werte steigern die MINT-Leistung marginalisierter Gruppen. - Zeigt diverse Vorbilder: 
Sichtbare Repräsentation fördert das Gefühl: „Hier gehöre ich hin“. 

Ein inklusives Zugehörigkeitsgefühl ist laut Ziegler & Stoeger (2023) auch ein systemischer Hebel, um die Chancengerechtigkeit in MINT nachhaltig zu verbessern.
2. Sprache macht den Unterschied – und MINT verständlich
Sprache ist mehr als nur ein Medium – sie entscheidet darüber, ob Kinder und Jugendliche Konzepte verstehen oder nicht.
So könnt Ihr MINT-Themen verständlicher machen:

Klare, einfache Sprache
Drücke Dich möglichst strukturiert und alltagsnah aus, ohne dabei auf MINT-Vokabular zu verzichten.

Fachbegriffe direkt erklären
Unbekannte Wörter sind Barrieren – vor allem für mehrsprachige Kinder. Deshalb erkläre sie direkt, wenn Du sie benutzt.

Herkunftssprachen einbeziehen
Die Nutzung der Erstsprache erhöht nachweislich Fachwissen, Motivation und Respekt, gerade dann, wenn es um MINT-Vokabular geht.

Lesekompetenz fördern heißt MINT fördern
Wortschatz und Textverständnis sind wichtige Voraussetzungen für naturwissenschaftliche Leistungen.
3. Selbstbild beeinflusst Lernverhalten: Positive Überzeugungen über Fähigkeiten aufbauen
Schon Grundschulkinder haben erstaunlich genaue Vorstellungen darüber, was Intelligenz ist und wie sie entsteht. Diese Vorstellungen prägen, ob sie sich etwas zutrauen, wie sie mit Fehlern umgehen und ob sie an ihren Fähigkeiten arbeiten möchten.
Drei Ansatzpunkte, um Kinder in einem positiven Selbstbild zu unterstützen:

Wachstumsdenken fördern
Wer denkt, Intelligenz sei festgelegt und nicht veränderbar, gibt bei Schwierigkeiten schneller auf. Kinder, die überzeugt sind, dass sie klüger werden können – etwa durch Übung, Ausdauer und gute Lernstrategien –, sind eher bereit, sich auf neue und schwierige Aufgaben einzulassen.

Mit dem Mythos vom „angeborenen Genie“ aufräumen
Wenn Kinder glauben, man müsse besonders „brillant“ sein, um in MINT-Fächern erfolgreich zu sein, trauen sich viele erst gar nicht zu, es zu versuchen. Das betrifft häufig Mädchen und Kinder aus unterrepräsentierten Gruppen.
Fehler entstigmatisieren
Wer Angst hat, schlecht bewertet zu werden, vermeidet neue Herausforderungen. Ein offener Umgang mit Fehlern – als Teil des Lernens – schafft Sicherheit und Mut, sich auszuprobieren.
Auch laut Ziegler & Stoeger (2023) hängen diese Überzeugungen eng mit strukturellen Hürden in der MINT-Bildung zusammen – ein Umdenken ist notwendig, um bestehende Ungleichheiten abzubauen.
Fazit:
Vielfalt in MINT entsteht nicht von allein. Aber mit bewusster Raumgestaltung, inklusiver Sprache und gezielter Arbeit an Denkweisen kann die zdi-Community viel bewirken – für mehr Chancen, mehr Talente und mehr (MINT-)Zukunft in NRW.
Quellen
Das Forschungsprojekt MesH_MINT ist ein Zusammenschluss Forschender der Universität Regensburg und der FAU Erlangen-Nürnberg sowie des Stifterverbands. Das Projekt sammelt aktuelle Forschung aus dem Bereich der MINT-Bildung und bereitet sie als hilfreiche Praxis-Tipps für die MINT-Community auf. So leistet das Projekt einen Beitrag zum Wissenschaftstransfer. In diesen Beitrag sind in erster Linie folgende Forschungsartikel und Beiträge von MesH_MINT eingeflossen:
Muradoglu, M., et al. (2025). The structure and motivational significance of early beliefs about ability. Developmental Psychology. https://doi.org/10.1037/dev0001910
meshMINT (Hrsg.). (2024). 10 Fakten zu: Sense of Belonging
Ziegler, A., & Stoeger, H. (2023). Talent denied: Equity and excellence gaps in STEMM. Annals of the New York Academy of Sciences, 1–15. https://doi.org/10.1111/nyas.15083
meshMINT (Hrsg.). (2024). 10 Fakten zu: Sprache und MINT