„Lebensräume der Zukunft | NRW: Innovatives Leben in der Zukunft” mit dem Fokus „Smart Cities – Städte als Lebensraum der Zukunft”. So lautet das Jahresthema 2024 der Gemeinschaftsoffensive zdi.NRW. Mit dem Jahresthema setzt zdi im nächsten und den kommenden Jahren einen Schwerpunkt auf die Art und Weise, wie wir in Zukunft leben werden. Denn: Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass bis 2050 zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben wird. Diese Entwicklung stellt uns vor große soziale, ökologische und ökonomische Herausforderungen.
Smart Cities und der Trend zur „neuen Landlust”
In einer Welt, die sich ständig weiterentwickelt, sind Städte Zentren der Veränderung. Dabei hat sich das Konzept der „Smart Cities” als eine vielversprechende Entwicklung für die Zukunft urbaner Lebensräume herauskristallisiert.
In diesem Unter der Lupe-Beitrag werfen wir einen Blick auf verschiedene Teilaspekte von Smart Cities und zeigen, welche Fachkräfte für die Gestaltung und den Betrieb dieser urbanen Räume von Bedeutung sind. Zudem schauen wir uns den Trend „neue Landlust“ an. Der Trend stellt eine Art Gegenbewegung dar, mit der immer mehr junge Menschen auf die steigenden Lebenshaltungskosten in den Städten reagieren. Welche Fachkräfte gestalten dort die benötigte Infrastruktur? Und was passiert in Nordrhein-Westfalen und der zdi-Community? Auch darauf werden wir eingehen.
Hand in Hand mit BNE
Die Gestaltung unserer Lebensräume der Zukunft ist ohne die 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung nicht denkbar. Die zdi-Community hat das Thema Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) längst im Blick. Beim Jahresthema 2024 kommen einige der Nachhaltigkeitsziele zum Tragen. Dazu gehören:
- Ziel 4: Hochwertige Bildung – Inklusive, gerechte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern.
- Ziel 7: Bezahlbare und saubere Energie – Den Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern.
- Ziel 9: Industrie, Innovation und Infrastruktur – Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, inklusive und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen.
- Ziel 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden – Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten.
- Ziel 12: Nachhaltige/r Konsum und Produktion – Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen.
Fachgebiete und Experten der Smart Cities
Städte werden zunehmend „smart” sein. Das bedeutet, dass sie fortschrittliche Technologien nutzen, um die Lebensqualität zu verbessern. Dies umfasst Aspekte wie intelligente Verkehrssysteme, E-Government-Dienste, vernetzte Infrastruktur und die Integration von Internet der Dinge (IoT)-Geräten. Im Folgenden werden einige Fachbereiche und die dafür benötigte Fachkräfte beschrieben.
Digitale Infrastruktur
Der Eckpfeiler einer Smart City ist eine zuverlässige und effiziente digitale Infrastruktur. Diese umfasst nicht nur schnelles Internet, sondern auch die Vernetzung von Geräten, Sensoren und Anwendungen. Die Konnektivität ist entscheidend, um Daten in Echtzeit zu sammeln und um die städtischen Abläufe zu optimieren. Die Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen, die wir heutzutage im Begriff Industrie 4.0 zusammenfassen, spielt also eine wichtige Rolle.
Benötigte Fachkräfte: Netzwerkingenieur:innen, Datenanalysten, IT-Sicherheitsexpert:innen.
Datenmanagement und Analytik
Smart Cities generieren enorme Datenmengen. Die Fähigkeit, diese Daten zu sammeln, zu speichern, zu analysieren und daraus Erkenntnisse zu gewinnen, ist entscheidend. Datenanalytiker:innen spielen eine zentrale Rolle dabei, Muster zu erkennen und die Lebensqualität der Bewohner:innen zu verbessern.
Benötigte Fachkräfte: Datenanalyst:innen, Data Scientists, Big-Data-Expert:innen.
Energieeffizienz und Nachhaltigkeit
Smart Cities streben nach Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Die Integration erneuerbarer Energien, intelligenter Stromnetze und innovativer Lösungen zur Reduzierung des Energieverbrauchs stehen im Mittelpunkt dieser Bemühungen.
Benötigte Fachkräfte: Energieberater:innen, Umweltingenieur:innen, Nachhaltigkeitsexpert:innen.
Mobilität und Verkehrsmanagement
Die Mobilität in Smart Cities soll durch autonomes Fahren, Elektromobilität und intelligentes Verkehrsmanagement effizienter und umweltfreundlicher sein. Eine smarte Verkehrsplanung orientiert sich an den Bedürfnissen der Bewohner:innen und minimiert Staus und Umweltbelastungen.
Benötigte Fachkräfte: Verkehrsingenieur:innen, Transportplaner:innen, Spezialist:innen für intelligente Verkehrssysteme
Sicherheit und Datenschutz
Mit der zunehmenden Vernetzung in Smart Cities werden Sicherheit und Datenschutz zu Schlüsselthemen. Fachleute müssen Systeme entwickeln, um Daten und Infrastruktur vor Cyberangriffen zu schützen und die Privatsphäre der Bürger:innen zu wahren.
Benötigte Fachkräfte: Cybersecurity-Expert:innen, Datenschutzbeauftragte, Ethikberater:innen.
Nachhaltige Architektur und Bauweise
Das Thema Nachhaltigkeit wird im Fokus der Lebensräume der Zukunft stehen. Grüne Gebäude und umweltfreundliche Baustoffe werden sich immer mehr durchsetzen, um den ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Diese Gebäude werden nicht nur energieeffizient sein, sondern auch natürliche Ressourcen wie Sonnenlicht und Regenwasser nutzen, um autark zu funktionieren.
Benötigte Fachkräfte: Architekt:innen, Bauingenieur:innen, Umweltspezialist:innen, Energieberater:innen.
Gute Praxis kommt aus Amsterdam
Amsterdam setzt sich aktiv für eine nachhaltige und innovative Stadtentwicklung ein und hat eine Vielzahl von Maßnahmen und Technologien implementiert, um die Lebensqualität der Bewohner:innen zu steigern, Umweltauswirkungen zu reduzieren und die Effizienz in verschiedenen städtischen Bereichen zu erhöhen. Hier sind einige der Maßnahmen und Merkmale, die Amsterdam zu einer der bekanntesten Smart Cities machen:
Ländliche Räume der Zukunft – Die neue Landlust
Durch hohe Lebenshaltungskosten in den Städten, ist bei jungen Menschen auch eine Gegenbewegung erkennbar: eine steigende Tendenz zum Leben in Kleinstädten oder auf dem Land. Eine Untersuchung des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung und der Wüstenrot Stiftung (Juni 2022) zeigt eine „neue Landlust“. Landgemeinden und Kleinstädte erzielen verstärkt Wanderungsgewinne. Die Familienwander:innen (30- bis 49-Jährige mit ihren minderjährigen Kindern) sorgen für die Belebung entlegener Regionen in ganz Deutschland. Auch mehr Berufswander:innen (25 bis 29-Jährige) ziehen aufs Land, denn durch die Digitalisierung sind viele Berufe jetzt auch mit dem Landleben kompatibel.
Die Umsetzung der Eckpfeiler für das zukünftige Landleben erfordert eine Vielzahl von Fachkräften aus verschiedenen Bereichen.
Moderne Infrastruktur auf dem Land
Die Entwicklung einer modernen Infrastruktur für das Landleben der Zukunft erfordert eine sorgfältige Planung sowie Investitionen in verschiedene Bereiche. Hier sind einige Punkte, die für eine zukünftige ländliche Infrastruktur wichtig sind:
Breitbandinternet: Hochgeschwindigkeits-Internetzugang ist entscheidend, um den Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung, E-Commerce und Informationen sicherzustellen. Glasfasernetze und mobile Breitbandlösungen sind von großer Bedeutung, unter anderem für das Arbeiten von zu Hause.
Transport und Mobilität: Ein effizientes Transportsystem ist entscheidend, um die Erreichbarkeit von ländlichen Gebieten zu gewährleisten. Das schließt den Ausbau von Straßen, Brücken und öffentlichen Verkehrsmitteln ein.
Erneuerbare Energien: Ländliche Gemeinden können von erneuerbaren Energiequellen wie Solarenergie, Windkraft und Biomasse profitieren. Investitionen in erneuerbare Energien tragen zur Energieunabhängigkeit und zur Reduzierung der Umweltauswirkungen bei.
Bildungseinrichtungen: Moderne Schulen und Bildungseinrichtungen sind entscheidend, um die Bildungschancen in ländlichen Gebieten zu verbessern. E-Learning-Infrastruktur und Fernunterrichtsoptionen sollten ebenfalls berücksichtigt werden.
Landwirtschaftliche Innovation: Ländliche Gebiete sollten Zugang zu modernen landwirtschaftlichen Technologien und Ressourcen haben, um die Produktivität und Nachhaltigkeit der Landwirtschaft zu steigern.
Digitale Vernetzung und Smart-Technologien: Die Integration von Smart-Technologien und Internet of Things (IoT / Internet der Dinge) kann die Effizienz in ländlichen Gebieten steigern und die Lebensqualität verbessern.
Soziale Integration und Teilhabe: Initiativen zur Förderung der sozialen Integration und Teilhabe von verschiedenen Bevölkerungsgruppen sind entscheidend für eine gerechte gesellschaftliche Entwicklung. Zum Beispiel, um auch im ländlichen Raum bisher nicht erreichte Zielgruppen für MINT-Angebote zu begeistern.
MINT-Fachkräfte auf dem Land gesucht
Die Anforderungen an Fachkräfte auf dem Land können je nach den spezifischen Projekten und Bedürfnissen in ländlichen Gebieten variieren. Dabei ist eine multidisziplinäre Herangehensweise mit Fachkräften aus verschiedenen Bereichen erforderlich, um eine umfassende und nachhaltige Entwicklung in ländlichen Regionen zu gewährleisten. Hier sind einige der wichtigsten Berufsgruppen, die für die Realisierung dieser Infrastruktur benötigt werden:
- Ingenieur:innen und Bauprofis
- Informationstechnologie-Expert:innen
- Erneuerbare-Energie-Expert:innen
- Agrarwissenschaftler:innen
- Umweltexpert:innenen
- Gemeindeentwickler:innen
- Technologie- und IoT-Expert:innen
- Umweltschützer:innen und Naturschutzexpert:innen
- Bildungsfachleute
NRW im Trend: Moderne Technik und Infrastruktur in Kombination mit Nachhaltigkeit für zukünftige Lebensräume
Nordrhein-Westfalen hat deutschlandweit mit Abstand die meisten Großstädte und ist mit ca. 18 Mio. Einwohnern das bevölkerungsreichste Bundesland. Somit verwundert es nicht, dass die Bauwirtschaft (inklusive der Städteplanung) eine Schlüsselindustrie für Nordrhein-Westfalen darstellt. Sie umfasst Bereiche wie Neubau, Umbau, Modernisierung und Sanierung. Und sie ist Innovationstreiberin für Nachhaltigkeit in den diversen Teilbranchen und ein entscheidender Hebel, um die nordrhein-westfälischen Klimaziele zu erreichen.
Der Zukunftsvertrag NRW 2022 nimmt die Herausforderungen der Urbanisierung an und setzt sich u.a. diese Ziele:
- Entwicklung nachhaltiger Baustoffe
- Digitalisierung in der Baubranche weiter vorantreiben
- Verstärkte Begrünung der Städte (Renaissance der Vorgärten)
- Investition in den Baustoff Holz
- Ausbau der Infrastruktur und der Barrierefreiheit
- Nutzung erneuerbarer Energien weiter vorantreiben
- Stärkung der Innenstädte als multifunktionale Orte
- Digitale Anbindung (5G) und gute Verkehrsinfrastruktur im ländlichen Raum
Forschungsprojekte testen autonome Busse und Taxis
Autonom fahrende Shuttles und Busse werden in unserer zukünftigen Mobilität einen festen Platz haben. Pilotprojekte dazu laufen in ganz Deutschland, wie zum Beispiel EASY in Frankfurt oder das Projekt HEAT aus Hamburg. Diese Piloten testen u.a. die technischen und verkehrlichen Herausforderungen. Außerdem sammeln sie Erfahrungen über die Akzeptanz bei der Bevölkerung.
Ein Projekt aus Soest hat den technischen Heraus-forderungen die Komponente „Inklusion“ hinzugefügt. Das Forschungsprojektes Ride4All untersuchte im Jahr 2021 neben den verkehrlichen und technischen Aspekten, wie der Zugang zu und die Nutzung von Mobilitätsangeboten für jedermann einfacher gestaltet werden kann. Das Shuttle, das von allen Bürger:innen kostenlos genutzt werden konnte, trug den Namen „SOfia – Soest fährt inklusiv und autonom“.
Die Handlungsempfehlungen, die aus der Testphase abgeleitet wurden, sind hilfreich für zukünftige Projekte und für die Einführung autonomer Transportangebote in der Zukunft. Verbesserungsbedürftig sind beispielsweise die Smartphone-basierten Mensch-Maschine-Schnittstellen, akustische Signale für die Fahrgäste und Fußgänger:innen oder das Bremsverhalten des Shuttlebuses.
Die zdi-Community erweckt beim Nachwuchs Begeisterung für zukünftige Lebensräume
zdi unterstützt das Land NRW seit mehr als 18 Jahren bei der Gewinnung neuer Fachkräfte im MINT-Bereich. Dabei passt sich die Gemeinschaftsoffensive auch immer den aktuellen Herausforderungen, die für unser Leben in der Zukunft wichtig sind, an. Deshalb richtet die zdi-Community ab dem nächsten Jahr besondere Aufmerksamkeit in Richtung „Lebensräume der Zukunft“.
Viele zdi-Akteur:innen setzen sich bereits mit Teilbereichen zukünftiger Lebensräume auseinander, um junge Menschen für die multidisziplinären Berufsfelder zu motivieren.
Ein Beispiel kommt aus Krefeld. Dort kommt das Spiel Minetest zum Einsatz, um mit Jugendlichen zukunftstaugliche Städtemodelle zu entwickeln. Beim Projekt „MINE Krefeld und Co.“ können die Jugendlichen ihre eigene Stadt, Krefeld, im Online-Spiel Minetest nachbauen.
Bei der Projektwoche „smart region“ des zdi-Zentrums Coesfeld wurde ein ganzes Dorf mit einem Pop-Up-Nachhaltigkeitszentrum auf die vor Ort relevanten Umweltthemen aufmerksam gemacht. Dafür deckte die Jahrgangsstufe zwölf der Anne-Frank-Gesamtschule in Havixbeck-Billerbeck in diversen Projekten auf, wo in ihrem Ort aktiv Umweltschutz betrieben werden kann.
Im zdi-Schüler:innenlabor GeoIT der Universität Wuppertal kommen Geoinformationssysteme zum Einsatz. In den Kursen können die Schüler:innen zum Beispiel städtische Wärmeinseleffekte anhand von Thermalkameras entdecken oder Einsatzmöglichkeiten für Digitaltechnik in der Landwirtschaft erkunden.
Im Kreis Lippe können Schüler:innen die Infrastruktur der Zukunft gestalten. Sie programmieren selbststeuernde Transportsysteme (Fahrroboter) oder bauen Assistenzsysteme für den Alltag.
zdi-Wettbewerbe in 2024
Im Jahr 2024 greift auch der zdi-Roboterwettbewerb das Thema Lebensräume der Zukunft auf. Die Vorbereitungen laufen.
Die zdi-Science League ist 2024 ebenfalls wieder dabei. 18 Schüler:innen-Teams aus ganz NRW präsentieren ihre Ideen zum Motto „Das Viertel der Zukunft”.