Endlich, der Ausbau Erneuerbarer Energien wird von der neuen Bundesregierung ganz oben auf die Agenda gesetzt. Geplant ist ein rasanter Ausbau von Wind- und Solarkraft bis 2030. Mehr Tempo bei der Energiewende ist bitter nötig, um die Klimaziele zu erreichen und den Kohleausstieg zu meistern. Doch es handelt sich um ein extrem ehrgeiziges Ziel, denn in vielen für die Energiewende nötigen MINT-Berufen mangelt es an Nachwuchskräften. Radojka Ille ist Koordinatorin des zdi-Schülerlabors Energiewende macht Schule und möchte dem Fachkräftemangel Einhalt gebieten. Gemeinsam mit ihren Kolleg:innen im zdi-Schüler:innenlabor verfolgt sie ein klares Ziel: Junge Menschen sollen für das Thema Energiewende sensibilisiert und dazu ermutiget werden, ihre eigene „Energiewelt“ neuzugestalten.
Und zwar durch das Aufzeigen neuer Perspektiven und Berufsmöglichkeiten. Wir haben mit Radojka Ille über eine lebenswerte Zukunft, flexible Kurskonzepte und die Bausteine der Energiewende gesprochen.
Frau Ille, die neue Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag angekündigt, den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu einem zentralen Projekt ihrer Regierungsarbeit zu machen. Warum ist die Energiewende gerade jetzt so ein wichtiges Thema?
Eigentlich ist die Energiewende schon lange ein wichtiges Thema und auch gesetzlich verankert. Sie ist ein fester Beschluss, anhand dessen der Kohle- und Atomkraftausstieg realisiert wird. Leider geht die Umstellung von fossilen Energieträgern wie Kohle, Erdgas und Erdöl auf Erneuerbare Energien sehr langsam voran. Man muss sich das mal vorstellen: Unser ganzes System, unsere ganze Infrastruktur, unser Wohlstand – alles ist auf Energie aufgebaut. Und die Ressourcen unseres Planeten neigen sich langsam dem Ende zu. Es braucht also einen massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien, um unser gesellschaftliches System aufrecht zu erhalten, damit uns auch zukünftig Energie zum Leben zur Verfügung steht.
Ein weiterer brisanter Faktor in diesem Zusammenhang ist der Klimawandel. Durch unseren Energiehunger verstärken wir den Treibhauseffekt immens und die Folgen sind für uns alle sichtbar, blicken wir beispielsweise auf die diesjährige Flutkatastrophe im Ahrtal. Und das ist nur der Anfang. Wenn wir jetzt nicht handeln, dann ist es zu spät. Deswegen ist es meiner Meinung nach wirklich wichtig, dass alle über die Notwendigkeit der Energiewende informiert werden, vor allem auch die jungen Menschen. Die haben es nämlich mehr als verdient, dass sie unterstützt werden bei der Mammutaufgabe, eine lebenswerte Welt zu bewahren.
zdi-Schülerlabor Energiewende macht Schule
Das zdi-Schülernlabor Energiewende macht Schule im Zentrum für Innovative Energiesysteme (ZIES) an der Hochschule Düsseldorf ist ein hochmoderner und sehr gut ausgestatteter Lernort. Hier werden Schüler:innen ab der 7 Klasse und aller Schulformen zum Bauen, Experimentieren und Forschen inspiriert. Der Fokus liegt auf den Erneuerbaren Energien.
War das auch der Grund, weshalb Sie das zdi-Schülerlabor Energiewende macht Schule gegründet haben?
Genau, aus diesem Grund haben wir damals den Antrag geschrieben. Darauf fußt unsere gesamte Arbeit: Wir wollen unser Wissen an die Schüler:innen weitergeben und ihnen aufzeigen, dass es Möglichkeiten gibt, die komplette Energieversorgung nachhaltig zu gestalten und dafür sorgen zu können, dass der Klimawandel stagniert. Die meisten Schüler:innen haben großes Interesse an dem Themenkomplex der Energiewende, auch schon in der 7. Klasse. Manche sind erstmal zögerlich, aber spätestens wenn das Stichwort Klimawandel fällt und ihnen klar wird, dass der Klimawandel durch den Ausbau Erneuerbarer Energien aufgehalten werden kann, dann sind auch sie begeistert. Uns geht es gar nicht darum, dass sich dann alle für einen Ingenieurberuf entscheiden. Uns geht es auch um die Sensibilisierung und Bewusstwerdung für das Thema Nachhaltigkeit und darum, aufzuzeigen, dass jede und jeder seinen Beitrag leisten kann. Auch von den Lehrer:innen geht ein wahnsinniges Interesse aus für die Thematik. Und umso besser, wenn die Energiewende jetzt noch einmal verstärkt auf die politische Agenda gesetzt wird.
Welche konkreten Maßnahmen haben Sie entwickelt, um Schüler:innen für das Thema Energiewende zu begeistern?
Wir haben sieben Kurskonzepte entwickelt, die rund um die Energiewende gestaltet sind. Anhand der Kurse können sich die Schüler:innen mit dem Klimawandel beschäftigen, mit der zukünftigen Stromversorgung, der Wärmeversorgung, der Mobilität, der Energiespeicherung usw. Also alle Themenbereiche, die eine tragende Rolle bei der Energiewende spielen. Die Konzepte sind so gestaltet, dass die Schüler:innen Spaß daran haben, etwas über die Energiewende zu lernen. Die Kurse sind weder trocken noch langweilig, sondern bestehen aus unterschiedlichen Bausteinen, die den Kurs auflockern und trotzdem das gewünschte Wissen vermitteln. Beispielsweise haben wir ein interaktives KlimaQuiz mit der EnergieAgenturNRW in Kooperation entwickelt, wir führen anspruchsvolle Experimente rund um die Erneuerbaren Energien durch und setzen gezielt Planspiele ein, wie z.B. Keep Cool, das vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) entwickelt wurde. Natürlich gibt es zu Beginn auch einen inhaltlichen Input von uns, der ist aber kurz gehalten und wie eine Vorlesung gestaltet, sodass die Schüler:innen gleichzeitig einen Einblick in den Hochschulalltag bekommen.
Wie ist das Feedback zu den Kursen ihres Schüler:innenlabors?
Das Feedback ist durchweg positiv, wir werden von den Schüler:innen immer sehr gut benotet. Das freut uns sehr! Auch von den Schulen und Lehrkräften ist das Feedback super und wir haben mehr Anfragen, als wir Kurse umsetzen können. Bei der Kurskonzeption haben wir uns an den Lehrplänen orientiert, was für Lehrkräfte super ist. Auch auf Wünsche der Lehrkräfte gehen wir gerne ein, das Konzept eines jeden Kurses kann recht einfach angepasst werden. Ein Besuch unseres Schülerlabors mit der ganzen Klasse lässt sich also prima in den Unterricht einbauen. Falls die Schüler:innen mal nicht zu uns an die Hochschule kommen können, fahren wir auch an die Schulen. Wir haben unser Schülerlabor nämlich auch mobil konzipiert.
Lässt sich Ihr Konzept auch von anderen zdi-Netzwerken und zdi-Schüler:innenlaboren umsetzen?
Ja, unbedingt. Mein Traum ist es, dass es NRW-, wenn nicht sogar bundesweit solche Orte wie das Schülerlabor Energiewende macht Schule gibt, zu denen Kinder und Jugendliche hingehen und etwas über Nachhaltigkeit und Erneuerbare Energien lernen können. Schülerlabore, die ihren Anteil zur Energiewende leisten möchten, können sich bei mir melden. Wir stellen unsere Konzepte der zdi-Community gerne zur Verfügung. Das ist eine Jahrhundertaufgabe, vor der wir alle stehen. Jedes Schülerlabor, das mithilft, Kinder und Jugendliche früh für die Thematik zu sensibilisieren, ist Gold wert. Wir brauchen dringend MINT-Nachwuchs, um die Energiewende weiter umzusetzen. Und in der Energiewende steckt jede Art von MINT-Wissen. Sei es Mathematik oder Technik, Naturwissenschaften oder Informatik. Da das Thema für junge Menschen auch aufgrund der Fridays for Future-Bewegung sehr zugänglich ist, lassen sich darüber viele MINT-Disziplinen erschließen, die auf den ersten Blick abschreckend auf manche Schüler:innen wirken mögen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der außerschulischen MINT-Bildung?
Ich wünsche mir, dass sich mehr außerschulische Akteur:innen mit dem Thema befassen und dass wir gemeinsam viele Schüler:innen erreichen und ihnen Hoffnung mit auf den Weg geben. Damit sie sehen, dass es Perspektiven für die Zukunft gibt. In den Medien wird oft mit Ängsten gespielt und ein dystopisches Bild gemalt. Diese Ängste können wir den Schüler:innen nehmen, indem wir ihnen Möglichkeiten aufzeigen, wie die Welt nachhaltig gestaltet werden kann. Und im besten Fall finden sie das alles so interessant und wichtig, dass sie sich für einen Beruf entscheiden, der sich mit Aspekten der Nachhaltigkeit auseinandersetzt. Das muss nicht immer der Ingenieursberuf sein, auch Berufe aus der Modebranche, Verpackungsindustrie oder Lebensmittelkonzerne können zum Beispiel Einfluss auf unsere Energienutzung nehmen und unsere Umwelt besser machen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Zentrum für Innovative Energiesysteme (ZIES) an der Hochschule Düsseldorf unter der Leitung von Prof. Mario Adam beschäftigt sich mit der Erforschung zukunftsorientierter und nachhaltiger Technologien auf Basis erneuerbarer Energien. Ein besonderes Anliegen ist aber auch die Sensibilisierung der Bevölkerung, insbesondere der jungen Generation, für die Herausforderung der Energiewende & Themen rund um Klimawandel und Klimaschutz. Das im ZIES unter der Federführung von Rada Ille dazu konzipierte und durchgeführte zdi-Schülerlabor bietet Schüler:innen neben informativen Bausteinen auch spannende praxisnahe Tischexperimente, welche grundlegende Zusammenhänge vermitteln und junge Menschen begeistern sollen, einen technischen Beruf zu ergreifen.
Mehr Informationen zum Zentrum für Innovative Energiesysteme (ZIES) finden Sie hier.
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